- Drachenfamilie 1: Begrenztes Denkvermögen
Um die Flut an Eindrücken und Nachrichten bewältigen zu können, selektieren wir diese entlang von Leitlinien, die wir im Laufe unseres Lebens entwickelt haben. Dieser Prozess ermöglicht uns, Entscheidungen zu treffen. Es entstehen aber auch Verzerrungen, da wir dazu neigen vor allem Berichten unsere Aufmerksamkeit zu schenken, die unsere eigenen Ansichten bestätigen, wodurch unser Sicherheitsempfinden wiederum gesteigert wird.
Durch eine übermäßige Konfrontation mit einem sehr komplexen Thema wie dem Klimawandel findet eine Gewöhnung statt, die bewirkt, dass wir immer weniger berührt werden. Wir stumpfen ab. Vorwiegend wird in den Medien das Ausmaß der Umweltzerstörung dargestellt, ohne Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dadurch wird unsere emotionale Belastbarkeit überschritten und in der Folge das Thema „Klimawandel“ an sich abgewehrt. Wenn Menschen zum Handeln bewegt werden sollen, müssen neben Informationen konkrete Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.
Aufgrund der Größe und Komplexität des Klimawandels glauben viele Menschen selbst nichts tun zu können, um eine Veränderung zu bewirken. Da am Ausstoß von Treibhausgasen sehr viele Organisationen und Personen beteiligt sind, entsteht die Frage, wie viel Kontrolle habe ich darüber, dass sich etwas ändert. Das Empfinden mangelnder Kontrolle wird durch die Vermutung befeuert, dass wir im eigenen Land noch so viel tun können und trotzdem nichts bewirken werden, wenn andere Länder weiterhin ungebremst CO2 in die Luft jagen. (globaler Bystander-Effekt). Das blendet aber die Möglichkeit eines Schneeballeffektes aus, der entstehen kann, wenn immer mehr Menschen anfangen, sich für Veränderungen einzusetzen. - Drachenfamilie 2: Ideologien
Ideologische Überzeugungen liefern für viele Phänomene eine Erklärung und erfüllen so unser Bedürfnis nach einer Vereinfachung unserer Welt, was uns Sicherheit vermittelt. Auf diese Weise stärken sie sowohl unser Selbstwertgefühl als auch unsere sozialen Bindungen. Viele Ideologien widersprechen einer nachhaltigen Klimaschutzhaltung und stellen so ein zentrales Hindernis dar, wenn es darum geht das eigene Verhalten zu ändern.
Ganz oben steht dabei die Verankerung in unserem kapitalistischen System, indem nur ein beständiges Wachstum unserer Wirtschaft unseren gegenwärtigen Wohlstand zu sichern scheint und es darum legitim ist, die Natur auszubeuten. Dass wir in einer Welt leben, deren Ressourcen begrenzt sind und in der diese Rechnung nur für eine privilegierte Minderheit aufgeht, wird ausgeblendet.
Eng damit verbunden ist der große Glauben in die Entwicklung neuer Technologien, durch die sich die Klimakrise lösen lässt, ohne dass wir unseren Lebensstil verändern müssen. (z.B. Geoengineering) Dabei werden die praktischen Möglichkeiten dieser Einflussfaktoren weit überschätzt und dadurch die eigene Motivation für Klima schützendes Verhalten gehemmt. - Drachenfamilie 3: Soziale Normen und Vergleiche
Wir sind als Menschen soziale Wesen und entwickeln unsere Identität durch unsere Beziehungen zu anderen Menschen. Durch den Austausch mit anderen Menschen orientieren wir uns in der Welt und bilden unsere persönlichen Überzeugungen und Haltungen aus. Dabei spielt unser Bedürfnis nach Kontakt, nach Wertschätzung und Interesse durch andere Menschen eine wesentliche Rolle. In unserem Verhalten orientieren wir uns vor allem an den Menschen, die für uns von Bedeutung sind. Das spielt auch im Bereich Klimaschutz eine wesentliche Rolle. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass soziale Normen einen mindestens so großen Einfluss auf umweltschützendes Verhalten haben wie die sogenannten Machbarkeitsfaktoren. Wenn plötzlich ein großer Teil meines Freundeskreises auf das Auto verzichtet und mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, steigert das meine Motivation auch mit dem Fahrrad zu fahren, weil ich dann wieder dazu gehöre und mein Verhalten der neuen Norm meiner Bezugsgruppe anpasse. Auch für Politikerinnen und Politiker spielt die Anerkennung und Wertschätzung der Bevölkerung neben ihren eigenen Überzeugungen eine wichtige Rolle. Sie brauchen eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung, um ihre Vorhaben durchzusetzen und müssen um Wählerstimmen kämpfen. Viele Gesetzesänderungen im Bereich Klimaschutz fallen nicht konsequent genug aus, weil Politiker*innen die Abwehr der Bevölkerung fürchten. Auf der anderen Seite zeigt dies aber auch, dass es wichtig ist, mehr Menschen zu überzeugen und zu motivieren, sich für Klimaschutz einzusetzen, weil dadurch Druck auf die Regierung ausgeübt werden kann. - Drachenfamilie 4: Misstrauen und Verleugnung
Das Vertrauen in Wissenschaft, öffentliche Institutionen und Regierungsvertreter*innen sinkt bei vielen Menschen. Stattdessen verbreitet sich der Glaube an Verschwörungsmythen, denn diese erzeugen ein Gefühl von Kontrolle angesichts einer Ohnmacht erzeugenden Situation und ermöglichen es, die eigenen Lebensgewohnheiten beizubehalten.
Das führt zur Verleugnung des Klimawandels auf verschiedenen Ebenen. Dabei wird entweder in Frage gestellt, dass es ihn überhaupt gibt, oder dass er durch menschliches Verhalten verursacht wurde. Verleugnung dient der Abwehr unangenehmer Gefühle und dem Schutz des eigenen Weltbildes. - Drachenfamilie 5: Unumkehrbare Kosten
Bereits erfolgte Investitionen müssen sich lohnen, auch wenn das Vorhaben sich als nicht sinnvoll oder in unserem Zusammenhang als umweltschädlich erweist.
Gewohnheiten schaffen Stabilität. Wenn ich sie verändere, bedeutet das oft einen erheblichen Aufwand an Zeit, Überlegung und zum Teil auch finanziellen Mehrkosten. - Drachenfamilie 6: Wahrgenommene Risiken
Wir scheuen den Mehraufwand an Zeit, Kraft oder Geld, den umweltschützendes Verhalten erfordert.
Wir haben Angst vor unangenehmen Konsequenzen im Freundes- und Bekanntenkreis. - Drachenfamilie 7: Begrenztes Handeln
Wir könnten noch mehr tun, um unseren CO2 – Fußabdruck zu verringern, beruhigen unser Gewissen aber mit symbolischen Handlungen (Ich vermeide Plastiktüten beim Einkauf. Da ist die eine oder andere Umweltsünde ja erlaubt.) oder Rebound-Phänomenen. (Ein klimafreundlicher Effekt wird dadurch verringert, dass wir uns mehr davon erlauben. Wenn mein Auto spritsparender fährt, kann ich häufiger fahren.)
24.11.2023